Schriftsteller werden

Ein hehres Ziel. Das klingt nach Freiheit, nach Unabhängigkeit, und nach einem Leben in der Bohéme. „Ich bin Schriftsteller.“ Bewundernde Blicke, neidisches Schielen.

Jemand, der in frei gewählter Einsamkeit mit seiner Schreibmaschine in einem staubigen, dunklen Raum Stunden verbringt, und, wenn ihn die Muse küsst, mit leichter Hand Seite um Seite aufs Papier bringt.

Am Ende einen sauberen Stapel daraus macht, ihn abliefert, und dafür einen Scheck in die Hand gedrückt bekommt, auf dem mindestens fünf oder sechs Nullen stehen.

Jemand der im Geld geradezu schwimmt, wie Stephen King, oder wie Tom Clancy sich ein eigenes Football-Team leistet, wenn ihm gerade danach ist. Der auf Parties und Bällen auftaucht, und überall ein gern gesehener Gast ist, und den die Ganze Welt kennt und mit Respekt und Ehrfurcht behandelt.

Der um die ganze Welt jettet – denn die wenigen Stunden kreativer Arbeit lassen ihm Zeit genug, das Leben zu genießen. Jemanden, den fast jeder beneidet, weil er sein Talent zu Geld macht, während andere schwer dafür arbeiten müssen. So, und nun zurück zur Realität.

Was Sie als Schriftsteller wirklich erwartet

Wenn Sie ungefähr das genaue Gegenteil unserer romantischen Einleitung annehmen, liegen Sie bereits relativ nahe an der Wirklichkeit.

Ja es gibt reiche Erfolgsschriftsteller – aber sie sind die Ausnahme in einer unüberschaubarer Menge anderer, die zwar vom Schreiben leben können, vom Reichtum aber etwa so weit entfernt sind, wie Bangladesh von Deutschland.

Und selbst diese Erfolgsschriftsteller sind nicht unabhängig und immer erfolgreich: die Leser wissen genau, was sie von ihnen erwarten, und wenn sie diese Erwartungen nicht erfüllen, sind sie schneller passé, als ihnen lieb ist.

Und sie sind auch nicht immer erfolgreich: Stephen Kings Online-Buchprojekt in Fortsetzungen, eine Kooperation mit der New York Times vor einigen Jahren war beispielsweise ein kompletter Reinfall.

Auch das kommt vor. Und auch Konsalik, sicher einer der produktivsten Schriftsteller unserer Zeit hat nicht immer Bücher geschrieben, die sich wie rasend verkauft haben. Wie viele von den insgesamt rund 120 Konsalik Romanen kennen Sie? Und an wie viele können Sie sich noch erinnern? Von welchen wissen Sie noch den Titel, von welchen die Handlung?

Heinz G. Konsalik hat nur ständig geschrieben, und das war für ihn ein streng geregelter Arbeitstag, ohne freie Sonntage und fast ohne Pausen. Das war das eigentliche Geheimnis seines Erfolgs – seine unglaubliche Produktivität, und Jahrzehnte von für damalige Verhältnisse exzellentem Marketing durch engagierte Verlage. Heute sähe das ganz anders aus.

Und frei – frei sind sie alle nicht. Sie unterstehen dem Diktat ihrer Leser, dem Diktat der Produktivität, dem Diktat des nächsten Buches, schnell, bevor Vergessenheit droht. Dem Diktat gnadenloser Lektoren und gieriger Verleger, die nur wollen, dass sich etwas unzweifelhaft verkauft – und zwar in Mengen.

Was Sie in Wirklichkeit erwartet, ist viel harte Arbeit – so viel, dass Sie sich oft wünschen werden, Sie hätten sich für einen Job auf dem Bau entschieden, als für einen Job hinter dem Schreibtisch. Was Sie auch erwartet, ist jede Menge Marketing und Promotion, Verkaufsstatistiken, Auftritte und Werbekampagnen in eigener Sache.

Hin und wieder ein schriftstellerischer „Brotjob“, den Sie nicht mögen, aber machen müssen, damit die Kasse stimmt. Bei vielen sogar ein Zweitjob, der das Einkommen sichert, damit man sich das Schreiben überhaupt leisten kann. Und die Träume vom großen Erfolg. Und vom unsterblichen Ruhm.

Aber: man kann vom Schreiben leben

Heißt: wenn man sich reinhängt. Wenn Sie bereit sind, sich dem Diktat des Marktes und der Leserschaft unterzuordnen, das schreiben, was verlangt und gewünscht wird und jederzeit die Werbetrommel in eigener Sache und in Sache Ihrer Bücher zu rühren, dann können Sie Erfolg haben. Wenn Sie bereit sind, ernsthaft zu arbeiten – an sich und an ihren Büchern – wenn Sie bereit sind, Fleiß zu zeigen, dann könnte es klappen.

Vom Schreiben an sich zu leben, ist keine große Kunste – Journalisten tun es, viele Blogger tun es, und in unserer heutigen Online-Informationsgesellschaft gibt es garantiert noch hundert andere Berufsgruppen, die vorwiegend davon leben, dass sie Tasten drücken und für das Ergebnis dann bezahlt werden.

Wenn Sie vom Schreiben eigener Bücher wirklich leben wollen, müssen Sie anfangs vielleicht den einen oder anderen Kompromiß eingehen – aber immerhin ist es möglich. Einige Autoren schaffen es immer wieder, Bestseller zu schreiben, und – wenigstens für eine Weile – einmal ausgesorgt zu haben.

Sie sollten sich nur nicht romantischen Vorstellungen hingeben, und vor sich hinträumend das Beste hoffen. Sie sollten vielmehr anpacken, ernsthaft und zielstrebig arbeiten, und bereit sein, zu lernen. Und zu schreiben. Viel zu schreiben. Und viel davon wieder zu verwerfen. So lange, bis Sie Erfolg haben.

Das ist der einzige Weg. Aber er ist möglich. Tun Sie was!